Artikel „Die Nutzung von Mustern einer modifizierten Unterlassungserklärung ist riskant“


Wie wir aus unserer eigenen Kanzleipraxis immer wieder erkennen müssen, reist die Anzahl von abgemahnten Tauschbörsennutzern nicht ab. Obwohl es sehr viel Informationen über die Problematik der Nutzung von P2P-Netzwerken (vor allem edonkey, emule, bittorrrent & Co.), sowohl im Internet, als auch in den herkömmlichen Medien gibt, wird die Nutzerzahl weder geringer, noch werden die Nutzer vorsichtiger. Es wird fleißig weiter getauscht. Und viele der Nutzer erhalten früher oder später eine Abmahnung und werden zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Wobei diese Aussage nicht ganz zutreffend ist. Häufig sind es die „unbeteiligten“ Anschlussinhaber, deren Kinder und Enkel den Internetzugang mitnutzen.

Besonders fleißig sind derzeit die Kanzleien Nümann & Lang und Waldorf. Diese befinden sich derzeit offensichtlich dabei, in sehr kurzen „Wellen“ eine Vielzahl von Abmahnungen zu erstellen.

Eine Abmahnung mag zwar durchaus enorme rechtliche und finanzielle Folgen für den Abgemahnten bedeuten. Wie wir aber immer wieder erklären, kommt man in der Regel mit einem „blauen Auge“ davon, wenn man die richtige Vorgehensweise wählt. In vielen einschlägigen Foren und Blogs wird durch die Betroffenen berichtet, was zu tun ist. Wenn man sich das dann durchliest, kann man eigentlich nur zu dem Ergebnis kommen, dass die meisten dort gerade nicht das richtige Vorgehen im Auge haben. Ein häufiger Rat ist, die Abmahnung einfach in den Papierkorb zu werfen. Wenn man mit der Materie zu tun hat, weiß man, dass das in der Regel genau der falsche Weg ist. Sich auf eine solche pauschale Aussage zu verlassen, ist mehr als riskant. Schließlich kann man nur anhand des Einzelfalles eine Entscheidung über das Vorgehen treffen. Die Tatsache, dass das Vorgehen dann oft dem Vorgehen anderer Abmahnungen ähnelt, spielt dabei keine Rolle. Trotzdem ist jeder Fall anders.

Exemplarisch seinen hier einige Unterschiede aufgeführt:

der Abgemahnte Anschlussinhaber hat die Urheberrechtsverletzung selbst begangen

der Anschlussinhaber hat die Verletzungshandlung nicht selbst begangen

o es kommen mehrere andere Familienmitglieder in Betracht

o es kommt nur ein weiteres Familienmitglied in Betracht

o es kommt ein minderjähriges Kind in Betracht

o es kommt ein volljähriges Kind oder Partner in Betracht

o es kommt eine Vielzahl von anderen Nutzern in Betracht

o es kommen mehrere wechselnde Nutzer in Betracht

o es wird ein unverschlüsseltes W-Lan benutzt, auf welches faktisch jeder zugreifen kann

o es wir ein verschlüsselte W-Lan benutzt, in welches sich eventuell ein Dritter eingehackt haben kann

der Anschluss wird geschäftlich genutzt

es ist möglich / nicht möglich, den Anschluss auf eine andere Person im Haushalt umzumelden

auf Grund des Alters ist es kaum wahrscheinlich, dass der Anschlussinhaber die Verletzung selbst begangen hat

der Verletzer hat eine Vielzahl von urheberrechtlich geschützter Werke getauscht

der Verletzer hat nur ein Werk getauscht

der Verletzer hat ein Album eines Rechteinhabers getauscht

der Verletzer hat ein Mixalbum mit verschiedenen Rechtinhabern

es kann für die Zukunft ausgeschlossen oder nicht ausgeschlossen werden, dass ein Verstoß gegen die abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung erfolgt

Diese Liste könnte man noch weiter fortführen. Bereits an diesem Auszug ist ersichtlich, wie viele Kombinationsmöglichkeiten es gibt. Wer dann noch der Meinung ist, man könnte eine anderen Fall einfach übernehmen, dem ist nicht mehr zu helfen.

Richtig ist in den meisten Fällen, dass eine Unterlassungserklärung abgegeben wird. Man sollte dann in der Regel auf eine modifizierte (geänderte) Unterlassungserklärungzurückgreifen. Dabei ist meist auch die Benutzung des so genannten „Hamburger Brauchs“ zurückgreifen. Dabei ist meist auch die Benutzung des so genannten ratsam. Der Hamburger Brauch ist eine Abweichung der starren Vertragstrafe, welche um die 5.000,00 € (in der Regel 5.001 € bis 5.100 €, da damit die Zuständigkeit der Landgerichte gegeben ist) liegt. Der Hamburger Brauch ist hingegen eine Art gleitende Vertragsstrafe, welche der Rechtinhaber im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung festlegen muss. Der Schuldner hat dann die Möglichkeit die Vertragsstrafe zu akzeptieren oder durch ein gerichtliches Verfahren überprüfen zu lassen. Bei der Höhe der Vertragsstrafe wird dann das Gericht auch den Umfang des Verschuldens berücksichtigen müssen. So kann es für die Höhe einen Unterschied machen, ob die Verletzung leicht oder grob fahrlässig oder gar vorsätzlich geschehen ist. Bei der festen Vertragsstrafe gibt es unabhängig vom Schuldumfang keine Möglichkeit der gerichtlichen Prüfung.

Über die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung hinaus, ist es ratsam, ein detailliertes Anschreiben zu verfassen, damit aus der Unterlassungserklärung kein Schuldanerkenntnis hergeleitet werden kann oder dies zumindest erschwert wird. Dort muss dann im Einzelnen auf die Punkte eingegangen werden, welche den Fall eben von anderen Standardfällen unterscheidet.

Anhand dieser aufgeführten Gesichtspunkten ergibt sich, dass jede Abmahnung einer gründlichen fachkundigen Überprüfung unterzogen werden sollte. Die Nutzung von Mustererklärungen ist sehr riskant, da ein Muster nie die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigen kann. Wir bieten daher auch keine Mustererklärung an. Der Nutzer kann bei der Benutzung einer Mustererklärung schnell zusätzliche Kosten verursachen. Reicht die Erklärung einerseits nicht aus, hat man die Gefahr einer teuren einstweiligen Verfügung nicht gebannt. Auch eine zu weit reichende Erklärung kann enorme finanzielle Folgen haben. Darüber hinaus kann eine zu weit gefasste Erklärung die Nutzbarkeit des Internets stark einschränken. Wer nun immer noch der Meinung ist, dass eine Mustererklärung genau den für den Fall richtigen Punkt dazwischen treffen kann, soll ein Muster verwenden.

 

Herzlichst

Ihre

Rechtsanwälte

Weigert & Wolf

eröffentlicht bei www.booqmarks.de am 21.12.2009

als Artikel: Die Nutzung von Mustern einer modifizierten Unterlassungserklärung ist riskant